20.2.19

Bedeutende Ankäufe für die Sammlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe

Neuerwerbungen vom Meister von Meßkirch und von Karl Hofer wurden mit Unterstützung der Museumsstiftung Baden-Württemberg und der Kulturstiftung der Länder realisiert

(skk) Die Sammlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe ist um drei hochrangige Werke reicher: Mit den Tafeln „Der Heilige Johannes der Täufer mit der Stifterin Apollonia von Henneberg“ (um 1538) und „Die Heilige Maria Magdalena“ (um 1538) gehören nun zwei weitere bedeutende Werke des im 16. Jahrhundert tätigen Meisters von Meßkirch zur Sammlung der Kunsthalle. Zudem konnte das Gemälde „Selbstbildnis mit Dämonen“ (1922/23) von Karl Hofer für das Museum erworben werden. Die Ankäufe konnten dank der Unterstützung der Museumsstiftung Baden-Württemberg und der Kulturstiftung der Länder realisiert werden.

Die Werke wurden am Montag offiziell der Kunsthalle im Beisein von Petra Olschowski, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, dem Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, Prof. Dr. Markus Hilgert, sowie dem Stellvertretenden Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, Prof. Dr. Frank Druffner, übergeben.

Meister von Meßkirch

Der Heilige Johannes der Täufer mit der Stifterin Apollonia von Henneberg, um 1538

Die Heilige Maria Magdalena, um 1538

Beide Tafeln Staatliche Kunsthalle Karlsruhe


„Die drei herausragenden Kunstwerke erweitern die hochkarätige Sammlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe und sind gleichzeitig landesgeschichtlich hochrelevant. Der Meister von Meßkirch gehört zu den wichtigsten Künstlerpersönlichkeiten Süddeutschlands im 16. Jahrhundert. Karl Hofers ‚Selbstbildnis mit Dämonen‘ ist ein eindrucksvolles Gemälde, mit dem der aus Karlsruhe stammende Künstler auf den Ersten Weltkrieg und das Erstarken des Nationalsozialismus reagierte. Allen Bildern ist gemeinsam, dass sie in Zeiten der politischen Veränderungen entstanden sind, die sich nachhaltig auf die Gesellschaft und die Künste auswirkten. Das kann ihre starke Wirkung auch in unserer Zeit erklären“, sagte Staatssekretärin Petra Olschowski.

Zu der Erwerbung des Gemäldes von Hofer sagte der Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, Prof. Dr. Markus Hilgert: „Die gelungene Erwerbung freut mich besonders, weil dieses Werk so viele Aspekte in sich vereint, deren Vermittlung regionale und kulturelle Identität ermöglicht. Es steht beispielhaft für die Kunstgeschichte der Region, für die Hofer-Sammlung in Karlsruhe und für das Œuvre Hofers.“

Prof. Dr. Frank Druffner, Stellvertretender Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, sagte über die Ankäufe der beiden Tafeln des Meisters von Meßkirch: „Mit dem Werk dieses Künstlers verbindet die Kulturstiftung der Länder eine langjährige Förderpraxis. Bereits 2013 konnte so die Kunsthalle in Karlsruhe eine Tafel dieses Altars erwerben. 2017/2018 hat das Land Baden-Württemberg dem Meister von Meßkirch eine Große Landesausstellung gewidmet – gefördert durch die Kulturstiftung der Länder. Diese Erwerbungsförderungen dienen allerdings nicht nur dazu, Glanzstücke neuzeitlicher Malerei für die Öffentlichkeit zu erhalten. Die Kunsthistoriker haben schließlich noch eine seit mehr als 150 Jahren währende Aufgabe abzuschließen: das Geheimnis um die Identität des berühmten Unbekannten von Meßkirch zu lüften.“

Die Direktorin der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Prof. Dr. Pia Müller-Tamm, erläuterte: „Wir sind dankbar, dass diese bedeutenden Ankäufe gelungen sind. Mit ihnen kommt auf je eigene Weise eine längere Geschichte zum Abschluss: Der Erwerb zweier Flügel des dreiteiligen Ensembles vom Hochaltar in Meßkirch, dessen erste Tafel bereits 2013 angekauft wurde, beschließt einen zweistufigen Ankaufsweg; der Erwerb des Hofer-Gemäldes ist ein Akt der Wiedergewinnung von Sammlungsgeschichte, denn es war von 1923 bis 1936 bereits im Besitz der Kunsthalle. Ohne die großzügige Unterstützung der Museumsstiftung Baden-Württemberg und der Kulturstiftung der Länder wären diese Erwerbungen nicht möglich gewesen.“

Zu den Werken:

Tafeln des Meisters von Meßkirch
Die Tafelgemälde „Der Heilige Johannes der Täufer mit der Stifterin Apollonia von Henneberg“ und „Die Heilige Maria Magdalena“ sind zwischen 1535 und 1538 entstanden. Die beiden Werke bildeten ursprünglich als Vorder- und Rückseite den rechten Drehflügel des ehemaligen Hochaltars von St. Martin von Meßkirch. Der anonym gebliebene Maler schuf für diese Kirche, auf die sich sein Notname bezieht, zahlreiche Altarbilder. In diesen verband er auf höchst originelle Weise spätmittelalterliche Darstellungsformen mit neuzeitlichen Stilmitteln. Das betont altgläubig-katholische Heiligenprogramm zählt zu den interessantesten Zeugnissen der frühen Gegenreformation. Zugleich handelt es sich um besonders ansprechende Werke der Deutschen Renaissance.

Bauherr der Kirche und Auftraggeber ihrer Ausstattung war Graf Gottfried Werner von Zimmern (1484–1554). Bereits 2013 konnte die Tafel „Der Heilige Martin mit Bettler und dem Stifter Gottfried Werner von Zimmern“ für die Kunsthalle erworben werden. Nun wird sie durch ihr Pendant mit der Ehefrau von Zimmerns, Apollonia, geborene Gräfin von Henneberg, ergänzt. Vier weitere Tafeln von Meßkircher Nebenaltären sind bereits seit 1858 in der Sammlung der Kunsthalle. Die neu erworbenen Hochaltartafeln befanden sich seit dem frühen 19. Jahrhundert im Besitz der Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen. 1953 wurden sie in die Liste des national wertvollen Kulturguts aufgenommen.

Selbstbildnis von Karl Hofer
Der Erwerb des Gemäldes „Selbstbildnis mit Dämonen“ von Karl Hofer ist für die Kunsthalle von großer Bedeutung, da sich in diesem Werk die komplexe Verflechtung von Sammlungsgeschichte mit Ereignis- und Rezeptionsgeschichte widerspiegelt.

Karl Hofer

Selbstbildnis mit Dämonen, 1922/23

© VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Karl Hofer wurde 1878 in Karlsruhe geboren. Er hat zahlreiche Selbstbildnisse geschaffen. Ein Hauptwerk dieser Gattung ist sein „Selbstbildnis mit Dämonen“ aus den Jahren 1922/23. Die Kunsthalle hat das Gemälde 1923 aus dem Atelier des Künstlers erworben. Es zählt zu den frühen Ankäufen von Werken der Moderne durch den damaligen Direktor Willy Storck. Der Maler zeigt sich als relativ kleine Figur, die frontal im Zentrum des monumentalen Gemäldes steht. Hofer ist mit einem weißen Malerkittel gekleidet; auf weitere Attribute seiner Profession verzichtete der Künstler. Von allen Seiten bedrängen ihn übergroße grellfarbige Fratzen, die ihn in ein Netzwerk sich kreuzender Blicke einspannen. „Selbstbildnis mit Dämonen“ lässt sich als künstlerischer Kommentar auf Politik und Gesellschaft deuten.

Aus Sorge vor einer potenziellen Beschlagnahme des Werks im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ hat Museumsdirektor Kurt Martin das Gemälde 1936 an den Künstler zurückgegeben und gegen ein Landschaftsbild getauscht. „Selbstbildnis mit Dämonen“ überstand den Krieg unbeschadet im Besitz von Hofers Familie und gelangte von dort 1992 in die Kunstsammlung von Rolf Deyhle in Stuttgart. 1999 ließ der Sammler es versteigern; seither war es im Eigentum der Galerie Pels-Leusden AG in Zürich. Im Zusammenhang der Neu- bzw. Rückerwerbung durch die Kunsthalle wurde das Gemälde technologisch untersucht und seine Geschichte wissenschaftlich aufgearbeitet. Die Ergebnisse sind im Band 2 der Reihe „Spurensuche. Provenienzforschung an der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe“ nachzulesen, der anlässlich der Übergabe des Werks erscheint.

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