15.6.21

Schloss Mannheim

Neues Besuchsangebot in 3D: das Schlafzimmer des Kurfürsten Carl Philipp

(ssg) Einer der prächtigsten Räume des Barockschlosses Mannheim wird wieder sichtbar und erlebbar dank 3D-Technik: das Paradeschlafzimmer von Kurfürst Carl Philipp. Möglich wird das durch eine eindrucksvolle virtuelle Rekonstruktion, die die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg als Leuchtturmprojekt im Rahmen der Digitalisierungsinitiative des Landes Baden-Württemberg umgesetzt haben. Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten, konnte jetzt zusammen mit der Projektleiterin Dr. Uta Coburger und dem Koordinator Dr. Frithjof Schwartz das wegweisende virtuelle Erlebnis präsentieren.

Der Ehrenhof des Mannheimer Schlosses in der digitalen Präsentation. Bild: faber courtialIm Prunkschlafzimmer des Kurfürsten Carl Philipp. Virtuelle 3D-Präsentation. Bild: faber courtialStuckdekoration im Paradeschlafzimmer des Kurfürsten Carl Philipp. Foto vor 1940. Bild: LMZ/SSGBesucher mit 3D-Brille vor den erhaltenen Stuckfragmenten. Foto: Sonja Menold/SSGDer Ehrenhof des Mannheimer Schlosses in der digitalen Präsentation. Bild: faber courtial

Im Prunkschlafzimmer des Kurfürsten Carl Philipp. Virtuelle 3D-Präsentation. Bild: faber courtial

Stuckdekoration im Paradeschlafzimmer des Kurfürsten Carl Philipp. Foto vor 1940. Bild: LMZ/SSG

Besucher mit 3D-Brille vor den erhaltenen Stuckfragmenten. Foto: Sonja Menold/SSG

Projekt virtuelle Rekonstruktion

Die „Virtuelle Rekonstruktion von Kulturliegenschaften“ ist ein Leuchtturmprojekt der Digitalisierungsstrategie des Landes Baden-Württemberg – und für die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ist diese zukunftsweisende Erschließung der Monumente gegenwärtig eine der zentralen Aufgaben. Das Landesprojekt zielt auf die virtuelle Rekonstruktion von verlorenen Bauten oder Innenräumen zerstörter Monumente. Mit neuester Technik wie Virtual-Reality-Brillen können Besucherinnen und Besucher auf Zeitreise gehen. Die Grundlage für den Weg in die digitale Zukunft bilden umfangreiche Recherchen in historischen Quellen – sie schaffen die verlässliche Arbeitsbasis für die 3D-Simulation.

„Die Virtuelle Rekonstruktion erweitert das Angebot für unsere Gäste und bietet ein neues Besuchserlebnis als ganzheitliche, sinnliche Erfahrung“, sagte Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten. „Dank der avancierten Technologie tauchen die Gäste in die Geschichte ein und werden Teil eines historischen Ortes.“ Für die virtuelle Rekonstruktion im Barockschloss Mannheim wurde einer der einst wichtigsten und damit auch prächtigsten Räume ausgewählt: das lange schon verschwundene Paradeschlafzimmer des Kurfürsten Carl Philipp mit seiner einzigartigen Stuckdecke. Sie zeigte ihn als Kriegshelden und erfolgreichen Feldherrn in den Türkenfeldzügen.

Ein verlorener Raum entsteht wieder

Von der prachtvollen Selbstdarstellung des Bauherrn Kurfürst Carl Philipp in seiner vor 300 Jahren gerade neu errichteten Residenz Mannheim können die heutigen Gäste kaum noch etwas erahnen. Zu groß sind die Verluste: Vieles der barocken Ausstattung ging verloren, schon unter dem nächsten Schlossherrn Kurfürst Carl Theodor, als die Residenz nach München verlegt wurde. Im 19. Jahrhundert war es Großherzogin Stephanie, die das Barockschloss veränderte – und schließlich kamen die gravierenden Einschnitte im 20. Jahrhundert, vor allem durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. Das Appartement mit dem Paradeschlafzimmer des Kurfürsten Carl Philipp, das direkt an den Rittersaal anschloss, ist vollständig verloren: Heute steht man hier in einem modernen Treppenhaus.

Grundlage der Virtuellen Rekonstruktion waren eine gründliche wissenschaftliche Recherche, Quellenauswertung und die Zusammenstellung alles verfügbaren Bild- und Planmaterials. Dies erfolgte in Kooperation mit der Technischen Universität Darmstadt, Fachbereich Architektur, Fachgebiet Kunstgeschichte. Der Architekturhistoriker und Barockforscher PD Dr. Meinrad von Engelberg begleitete das Projekt, Dr. Mirjam Brandt führte die wissenschaftliche Recherche durch. In Zusammenarbeit mit Dr. Uta Coburger, für Schloss Mannheim zuständige Konservatorin der Staatlichen Schlösser und Gärten, und der Firma Faber Courtial, Darmstadt, entstand so die Virtuelle Rekonstruktion. „Durch die fundierte wissenschaftliche Erforschung in Verbindung mit den innovativen Möglichkeiten der neuen Medientechnologie können die Staatlichen Schlösser und Gärten die Vermittlung eines bedeutsamen, aber fehlenden Aspektes des Schlosses ergänzen“, erläutert die Projektleiterin Dr. Uta Coburger. Auch Dr. Frithjof Schwarz, bei den Staatlichen Schlössern und Gärten für die „Virtuelle Rekonstruktion von Kulturliegenschaften“ zuständig, freut sich, dass der verlorene Prachtraum nun wieder erstanden ist: „Das Besondere an diesem Kulturerlebnis ist die Teilhabe und das direkte visuelle Raumerlebnis. Die Virtuelle Rekonstruktion ermöglicht außerdem die fundierte wissenschaftliche Erforschung der Kulturdenkmale und wird auch für weitere Monumente wegweisend sein.“

Eine spielerische Lösung im Film und ein visuelles Erlebnis in 3D

Da es für das Appartement bis zum Paradeschlafzimmer keine bildlichen Dokumente aus dem 18. Jahrhundert gibt, musste eine kreative Lösung gefunden werden. Die Überlieferungslücken zur Ausstattung wurden in spielerischer Weise durch ein unterhaltsames und zugleich informatives Konzept ausgeglichen: Im Film, den die Gäste vor Ort sehen können, erwartet ein Puppenhaus des Mannheimer Schlosses und des Appartements des Kurfürsten die Besucher und Besucherinnen. Eine Erzählerin leitet durch die verlorenen Räume und erklärt deren Funktion. So erfährt man etwa, dass es eine „Stuhlhierarchie“ gab oder dass für Konferenzen ein grüner Teppich ausgerollt wurde. Immer wieder verwandelt sich das Interieur des Puppenhauses auch in eine fotografische Darstellung, wenn die Ausstattung durch die Inventare ermittelt werden konnte. Dann erhalten die Gäste ein realistisches Bild davon, wie die Räume einmal ausgesehen haben könnten.

Für die Geschichte des verlorenen Paradeschlafzimmers wurde im zweiten Film das 3D-Medium der Virtuellen Realität gewählt. Die vielen Umgestaltungen des kurfürstlichen Schlafzimmers werden chronologisch bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg gezeigt und enden mit dem heutigen Zustand als Treppenhaus der Universität. Dann erfolgt die virtuelle Rekonstruktion des zerstörten Raumes mit seiner berühmten Stuckdecke. Hier sind die Ruhmestaten Carl Philipps als Feldmarschall des Kaisers sowie seine Auszeichnung und Verherrlichung gezeigt. Die Gäste „stehen“ nun dank der Virtual-Reality-Brille in diesem Raum und können sich frei umschauen. Mit diesem visuellen Erlebnis schließt sich der Kreis zu dem Bild- und Skulpturenprogramm im wiederhergestellten Treppenhaus und Rittersaal, das die Gäste heute bewundern können. Zur Zeit Carl Philipps fand die glorifizierte Darstellung des Kurfürsten in seinem Paradeschlafzimmer ihren Abschluss und Höhepunkt.

Überraschende Stuckfunde halfen bei der Inszenierung

Bei den Vorbereitungen für das Projekt wurden im Keller des Schlosses über 150 Stuckfragmente wie Köpfe, Ornamente und Reliefs untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die bis dahin wenig beachteten Stücke Originalfragmente sind, die sich nun diesem und anderen Räumen der ehemaligen Residenz zuordnen lassen. 30 der plastischen Stuckarbeiten gehören ins Paradeschlafzimmer. Für die virtuelle Rekonstruktion wurden sie digital erfasst. Vier dieser Fragmente werden auch im Raum präsentiert, sodass die Originale neben der virtuellen Rekonstruktion über Monitor und Virtual-Reality-Brillen ein besonderes Besuchserlebnis bieten.

Schloss Mannheim

Do – So und Feiertage 10.00 – 17.00 Uhr, letzter Einlass 16.00 Uhr

Schlossmuseum 8 €, Ermäßigte 4,00 €

 

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