26.7.19

Blog: Schlösser an der Loire

Schloss und Garten Villandry

Knappe 12 km von Langeais entfernt liegt Schloss Villandry, das vor allem durch seinen reich gestalteten Garten berühmt ist. Es wurde 1532 – 36 durch Jean le Breton, den Finanzminister König Franz I., erbaut. Die Vorgängerburg wurde dazu bis auf den Bergfried abgebrochen. Offenbar galt die Weiternutzung des mittelalterlichen Bergfrieds – wie in Chenonceau – als Merkmal besonderer Tradition. Zum Schloss gehörte ein großer, auf drei Terrassen angelegter Garten.

Schloss Villandry von der Loire-Seite

Das Schloss selbst gilt als der letzte der Renaissancebauten an der Loire und weist mit seinen Dachformen schon auf die Bauten des Frühbarock voraus. Es öffnet sich mit drei gleich großen Flügeln zur Loire hin, die Seitenflügel haben im Erdgeschoss Arkadengänge, der rückwärtige Flügel ist weder baulich betont, noch hat er einen besonders gestalteten Eingangsbereich. An die Stelle der vieltürmig aufragenden Bauweise mit der reich gegliederten Dachlandschaft ist jetzt das gleichförmige Landhaus der späten französischen Renaissance geworden

Blick über den GemüsegartenDer Garten der OrnamenteOben: Schloss Villandry von der Loire-Seite

Links: Blick über den Gemüsegarten

Darunter: Der Garten der Ornamente

Ganz unten: Gemüsegarten mit dem Schloss im Hintergrund

Auch Villandry blieb während der folgenden Zeit bewohnt, und vor allem der Garten wurde im 18. Jahrhundert als englischer Landschaftsgarten grundlegend überformt. Als jedoch Joachim Carvallo 1906 das Anwesen kaufte, beseitigte dieser zunächst die späteren Anbauten am Schloss und ließ vor allem den Garten nach alten Unterlagen im Stil der Renaissance rekonstruieren.

Die Innenräume des Schlosses zeigen den mit Aufwand betriebenen Wohngeschmack des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Wer nach Villandry kommt, will allerdings den Garten sehen, und hier bietet das Schloss einige Ausblicke von erhöhtem Standpunkt. Und von der Plattform des Bergfrieds schließlich hat man einen grandiosen Überblick.

Nach dem Text der deutschen Wikipedia wurde der Garten „nach alten Stichen, Plänen und Gartenratgebern rekonstruiert“, der Text des französischen Wikipedia-Artikels beschreibt hingegen unverblümt, dass die Vorlage für die zwischen 1908 und 1916 von Joachim Carvallo durchgeführten Arbeiten nicht etwa Unterlagen über die Gärten von Villandry selbst waren, sondern die im Monasticon Gallicanum sowie in Texten des Renaissance-Architekten Jacques Androuet du Cerceau niedergelegten allgemeinen Richtlinien. Ergebnis ist nicht die authentische Rekonstruktion des Gartens von Villandry, sondern der Bau eines „typischen“ Gartens in der Zeit der Renaissance.

Da die bereits in der Antike begründete Gartentradition vorschrieb, dass ein Garten nie ausschließlich schön sein und nur zur Lustbarkeit dienen, sondern immer auch mit einem Nutzen verbunden sein sollte, nimmt der Gemüsegarte einen großen Teil der geometrisch durchkomponierten Gartenfläche ein. Ein anderer Teil, der Garten der Ornamente, mutet schließlich weniger renaissancehaft, sondern eher wie Jugendstil an. Man darf an diesen Garten nicht die (hohe) Messlatte der Renaissance anlegen, er ist ein Gesamtkunstwerk des 20. Jahrhunderts mit ebenso vielen Facetten wie sie ein durchkomponierter Renaissancegarten hatte.

https://www.chateauvillandry.fr/

Eintritt 5 bis 11 €

Deutschsprachiger Folder „Villandry Schlossbesichtigung“ im Eintrittspreis inbegriffen.

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